Liebe Kinogäste, große Liebesgeschichten sind oft unausgesprochen und unerfüllt. Sie ziehen ihren Zauber aus der Möglichkeit, aus einem Versprechen, das oft nur angedeutet ist. Da ist ein Moment, in dem sich ein alternatives Leben verdichtet und sich kurze Zeit später bereits wieder auflöst und Wehmut und Erinnerung hinterlässt. Die Before-Trilogie von Richard Linklater funktioniert so oder Past Lives, einer der Erfolgsfilme 2023. Nun also Zwischen uns das Leben. Auch in Stéphane Brizés (Streik) neuem Film treffen sich zwei Menschen nach vielen Jahren wieder und überdenken, wer sie sind und wo im Leben sie stehen. Ein Film der leisen, aber eindringlichen Momente. Regisseurin Grit Lemke (Gundermann Revier) begibt sich in ihrem neuen Dokumentarfilm Bei uns heißt sie Hanka auf die Spur ihrer sorbischen Wurzeln. Was als Suche nach Herkunft, Muttersprache und Zugehörigkeit beginnt, wird zu einem sehr persönlichen und intimen Einblick in die Traditionen, Traumata und Träume eines Volkes. Eine Reise so einzigartig, wunderschön und verwunschen wie eine Heimat, deren Täler, Wälder und Flussläufe untrennbar verbunden scheinen mit den Menschen, die diese Landschaft geprägt haben. Der Schauspieler und Musiker Robet Gwisdek kann sich gerade für seine Nebenrolle im Film Sterben Hoffnungen auf den Deutschen Filmpreis machen. Das umtriebige Multitalent wechselt aber auch immer öfter die Seite ins Fach Regie. Mit Der Junge, dem die Welt gehört kommt sein Langfilmdebut in die Kinos. Mit von der Partie ist der populäre Schweizer Singer-Songwriter Faber sowie Mutter Corinna Harfouch. Der Film spielt äußerlich in einer alten Villa in Palermo, ist aber eine poetische Reise in Innenwelten mit viel Musik. In Brandenburg soll es wieder Wölfe geben, hieß es 2005 bei Rainald Grebe. Mittlerweile sind Wölfe hierzulande Tatsache. Und längst nicht von allen gern gesehen. Nicht nur in Brandenburg, im ganzen Bundesgebiet kommt es zunehmend zur Begegnung Mensch und Wolf. Archaische Ängste treffen auf reale Probleme. Im Dokumentarfilm Im Land der Wölfe von Ralf Bücheler diskutieren Akteure aus Verwaltung, Wissenschaft, Landwirtschaft, Politik, Naturschutz und der Bevölkerung die Welt der Wölfe in Deutschland. Der Ton ist dabei nüchtern und sachlich und trägt zur Beruhigung einer erhitzen Debatte bei. Das experimentelle romantische Drama Touched von Regisseurin Claudia Rorarius erzählt von einer Pflegerin, die mit ihrem querschnittsgelähmten Patienten eine verbotene Beziehung eingeht. Auf einer Seite eine mollige junge Frau, andererseits ein körperlich behinderter Mann. Der Film zeigt Intimität, erotischen Entdeckungsdrang und Begehren zwischen zwei Menschen, die den „gängigen“ gesellschaftlichen Vorstellungen von Sexualität und Körperlichkeit zuwiderlaufen. Touched ist ein unkonventionelles, mutiges Werk, das künstlerisch stark durchkomponiert ist und aufgrund einiger drastischer Szenen lange nachhallt. In Locarno wurden Isold Halldórudóttir und Stavros Zafeiris für ihre darstellerische Leistung ausgezeichnet. Ob unerfüllte Liebe in Frankreich, ob Reise in das Land der Wölfe oder Poesie in Palermo. Kino ist viele Orte. |